Begegnungen
in Paris

Paris war für die Karriere von Jean Tinguely ohne Zweifel die wichtigste Stadt. Nirgendwo sonst hatte er so viele Einzel- und Gruppenausstellungen, in Paris fanden die entscheidenden Begegnungen mit Künstler*innen, Kurator*innen und Freund*innen aus aller Welt statt – es ist kaum falsch zu sagen, dass Tinguely ohne Paris nicht vorstellbar ist.

Entsprechend umfangreich ist die Liste der Daten und Ereignisse, die Tinguely mit Paris verbinden:

1953 als 28-jähriger, gelernter Schaufensterdekorateur in Paris angekommen, hatte er im Juni 1954 seine erste Soloausstellung in der Stadt, in der Librairie de la Galerie Arnaud. Nicht so sehr die Ausstellung als vielmehr die dortige Begegnung mit Pontus Hultén, der ihn als Kurator ein Leben lang begleiten sollte, sind hier wichtig. Bereits im Jahr darauf war Hultén als Kurator an der Ausstellung Le Mouvement beteiligt, die in der Galerie Denise René die Entwicklung der kinetischen Kunst aufzeigte – und Tinguely ins Zentrum stellte. Mit seinem Künstlerfreund Yves Klein zeigte er im November 1958 bei Iris Clert Vitesse pure et stabilité monochrome par Yves Klein et Tinguely, Kollaborationen der beiden Künstler auf der Suche nach der Entmaterialisierung der Kunst. Bereits ein halbes Jahr später folgten ebenso bei Iris Clert die Méta-Matics, Tinguelys Zeichenmaschinen, die ihn einem grösseren Publikum bekannt machten.

Nach Le Transport am 13. Mai 1960, einem spontan inszenierten Umzug seiner grossen Skulpturen aus seinem Atelier zur Galerie, wo sie ausgestellt werden sollten, erfolgte am 27. Oktober 1960 die Gründung der Nouveaux Réalistes, dieser Künstlergruppe um Yves Klein, Daniel Spoerri, Jacques Villéglé oder eben Jean Tinguely. Variations II – Homage à David Tudor war ein Spektakel, das er gemeinsam mit Niki de Saint Phalle und Robert Rauschenberg im Juni 1961 auf der Bühne der amerikanischen Botschaft in Paris durchführte, während beim Ballett L’Éloge de la Folie von Roland Petit im Théâtre des Champs Elysées 1966 neben Tinguely und Niki de Saint Phalle auch Martial Raysse beteiligt war. Im Mai 1971 bildete die Ausstellung Machines de Tinguely im CNAP (Centre National d’Art Moderne, eine Vorgängerinstitution des Musée National d’Art Moderne, das sich heute im Centre Pompidou befindet) den Auftakt für eine Serie von Retrospektiven, die unter anderem auch in Basel und Amsterdam Halt machte. Zur Eröffnung des Centre Georges Pompidou entstand 1977 in Zusammenarbeit mit Bernhard Luginbühl Le Crocrodrome de Zig et Puce, und neben dem Centre befindet sich seit 1983 die Fontaine Stravinsky, die mit Niki de Saint Phalle entstand.

Die intensive Geschichte Tinguelys in Paris fand ihren Abschluss Ende 1988 mit einer grossen Retrospektive im Centre Pompidou, und einer kleineren Ausstellung in der Galerie de France von Werken, die mit Niki de Saint Phalle entstanden waren: Niki de Saint Phalle, stabilisé par Jean Tinguely.

Bildnachweis: Jean Tinguelys Le Transport von seinem Atelier in der Impasse Ronsin zur Galerie des Quatre Saisons, Paris, 13.05.1960 © Foto: Christer Strömholm / Strömholm Estate