VEHICULES: César – Tinguely

17. März – 21. Juni 1999

Die Ausstellung „VEHICULES: César – Tinguely“ stellt Werkbeispiele zweier Zeitgenossen der Nachkriegskunst einander gegenüber. Es entsteht ein Dialog und gleichzeitig ein neuer Fokus zum Thema „Vehikel“.

César und Jean Tinguely sind 1960 Mitbegründer der vom Kunstkritiker Pierre Restany angeführten Künstlergruppe der „Nouveaux Réalistes“. In einer Zeit, die von technischer Massenproduktion und Funktionalität bestimmt wird, ist ihr Werk von einer neuen Aneignung des Alltäglichen geprägt. Beide fanden ihr plastisches Material auf Schrottplätzen. Fabrikhallen der Maschinenindustrie wurden zu ihren Arbeitsstätten. Wracks von Vehikeln aller Art bedeuteten neuen plastischen Werkstoff für ihr Schaffen. Wie das Material, so stammen auch ihre Werkzeuge aus der technisierten Alltagswelt unseres Jahrhunderts. Die Botschaft, welche die Arbeiten der beiden Künstler vermitteln, ist zwar unterschiedlicher Natur, doch manifestiert sich in der Handhabung des Materials derselbe Zeitgeist. Dies tritt in der Gegenüberstellung der Schrottobjekte der beiden Künstler besonders eindrücklich hervor. Die Exponate, die auf allen Ausstellungsebenen des Museums präsentiert werden, datieren aus den sechziger bis in die neunziger Jahre.

Jean Tinguelys Faszination für die Maschine und insbesondere für Automobile und Motorrennsport ist legendär und offenbart sich immer wieder in seinen Werken, die von der Bewegung bestimmt sind. Mit dem Schweissgerät fügte er Räder, Karosserieteile und andere Schrottfragmente zu neuen verfremdeten Assemblagen zusammen, wie dies Pit-Stop, die grosse, 1984 im Auftrag der Regie Renault entstandene Maschine verdeutlicht. Durch Motoren reanimierte er die Fundobjekte zu funktionierenden, aber unproduktiven Kunstfahrzeugen. So fahren die beiden unvergleichlichen Skulpturen Hannibal I und II, wie auch die Chars der sechziger Jahre unermüdlich hin und her, sind aber im Unvermögen, sich vom eigentlichen Standort weg zu bewegen, Gefangene, verdammt zur ewig gleichen Sisyphus-Arbeit. Die etwas späteren Autoskulpturen Klamauk oder Safari de la Mort Moscovite nehmen auf humorvoll-ironische wie auch kritisch-makabre Weise direkteren Bezug auf die Fahrleidenschaft und ihre Sinn- und Zwecklosigkeit. Tinguelys „Véhicules“ gehören einer jenseitigen Realität an, es sind Méta-Autos, die nicht zuletzt das oft problematische Aufeinandertreffen der Realität des Menschen und der Maschine vor Augen führen.

César konzentrierte sich ganz auf die plastischen Möglichkeiten, die ihm die Autokarosserien boten. Mit der hydraulischen Industriepresse, die dem Zufall mehr Einfluss gewährt als der Hand des Künstlers, schuf er ab 1959 Auto-Compressionen. Die kompakten und scharfkantigen, komprimierten Schrottvolumen wirken ganz in ihrer materiellen Präsenz und nehmen so weder direkt Stellung zum Auto als Statussymbol der Konsumgesellschaft, noch verweisen sie auf die Verschleissproduktion der Autoindustrie. César entdeckte in erster Linie einen neuen Rohstoff, der – obwohl er vorgeformt war – sich weiter verarbeiten und manipulieren liess und gab damit dem plastischen Schaffen seiner Zeit eine neue Richtung. Während er in den sechziger Jahren vor allem ausgediente Autoruinen zu seinem Werkstoff erklärte, benutzte er in den nächsten Jahrzehnten auch fabrikneue Automobile wie in den 1995 aus Citroën ZX-Karosserien entstandenen Compressions plates, die er zusammen mit dem gigantischen Werk 520 tonnes, einem Berg von Compressionen, an der Biennale von Venedig präsentierte.
Im Mai 1998 entsteht aus neuen Fiat-Karosserien die eindrückliche Compressionsserie La Suite Milanaise, die César erstmals nach dem Pressvorgang in verschiedenen aktuellen Autolackfarben spritzen lässt. Diese Serie wurde zu seinem letzten grossen Werkzyklus. César ist am 6. Dezember 1998 in Paris gestorben. Die ursprünglich in Zusammenarbeit mit dem Künstler und der Mailänder Fondazione Mudima geplante Ausstellung im Basler Museum Jean Tinguely wird nun zur Gedenkausstellung und Hommage.

Zusatzinformationen zur Ausstellung:

Administration:
Museum Jean Tinguely Basel, Grenzacherstrasse im Solitude-Park
Postadresse: Postfach 3255, CH-4002 Basel
Tel.: ++41 61-681 93 20; Fax: ++41 61-681 93 21
Internet: http://www.tinguely.ch

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Sonntag 11–19 Uhr, Montag und Dienstag geschlossen. Am Karfreitag bleibt das Museum geschlossen.

Eintrittspreise:
Erwachsene Fr. 7.-, Schüler, Studenten, Lehrlinge, AHV, IV, Fr. 5.-, Kinder bis 16 Jahre gratis. Gruppen ab 20 Personen Fr. 5.-.

Vernissage:
Dienstag, den 16. März 1999, 18 Uhr.
Aus Anlass der Ausstellungseröffnung wird der Kunstkritiker Pierre Restany das Schaffen von César würdigen und uns seine Erinnerungen an die 1960 von ihm in Paris ins Leben gerufenen Künstlergruppe „Les Nouveaux Réalistes“ vermitteln.

Publikationen:
Zur Ausstellung erscheint ein von der Fondazione Mudima in Mailand produzierter Katalog zum letzten grossen Werkzyklus Césars, der Suite Milanaise.
Eine Zeitung führt den Besucher durch die Ausstellung und informiert ihn in knapper Form über das Schaffen der beiden Künstler César und Tinguely bezüglich des Themas „Véhicules“.

Begleitveranstaltungen:
Zur Ausstellung werden Filme über das Schaffen von César und Jean Tinguely gezeigt.