Delphine Reist
ÖL [oil, olio, huile]

Delphine Reist, «Rouleau», 2017, Installationsansicht in der Galerie TRIPLE V, Paris, Frankreich, 2017 © Delphine Reist, Foto: André Morin

Delphine Reist
ÖL [oil, olio, huile]

18. Oktober 2023 – 14. Januar 2024

Arbeit strukturiert das Leben des Einzelnen wie die Gesellschaft als Ganzes. In den Werken der Genfer Künstlerin sind es die Dinge selbst, die ein Eigenleben entwickeln und uns ihre Diagnosen zu Bewegung und Rhythmus von Produktion liefern oder von Effizienz und Erschöpfung sprechen: spontan lärmende Bohrmaschinen, leckende Drucker oder per Geisterhand gesteuerte Rollos. Im Museum Tinguely präsentiert Delphine Reist auch mehrere Arbeiten, die im engeren oder weiteren Sinne Öl als Energieträger, Malmittel, Schmierstoff oder dessen materielle, fluide Eigenschaften aufgreifen.

Reist Werkzeuge

Delphine Reist, Étagères, 2007, Installationsansich, Delphine Reist, Galerie Lange + Pult, Zurich, 2017. Foto: Lange + Pult

Die Künstlerin bezieht sich mit Werken, die Autoreifen, Werkzeuge und Produktionseinheiten von Eimern umfassen, auf Handwerk und Industriearbeit – letztere einst zunehmend ins (Niedriglohn-)Ausland verlagert, bekommt aktuell im Rahmen von Diskussionen um nationale Abhängigkeiten in einigen Ländern heute wieder eine höhere Relevanz zugesprochen. In ihrem Video Averse fallen in einem leeren Industrieraum sukzessive die Neonröhren von der Decke. Bildlich wie metaphorisch geht hier das Licht aus.

Reist Cartouche

Delphine Reist, Cartouches, 2020
Multiple, édition Lapin Canard
© Delphine Reist, Foto: Stefan Rohner

Andere Werke greifen das Thema Büroarbeit auf. Hier sind es die materiellen Infrastrukturobjekte wie Farbdrucker, sich scheinbar zufällig und fortwährend bewegende Rollos oder Spuren von Bürostühlen in endloser Kreisbewegung, die Formen von physisch wie geistig entfremdeter Arbeit kritisch reflektieren. Reists atmende Sporttaschen erinnern uns: Auch der Ausgleichssport oder «Self-Care» und «Wellbeing» wurde von der neoliberal-kapitalistischen Arbeitswelt als probates Mittel zu weiterer Effizienzsteigerung und als Resilienz vor Burn-Outs inkorporiert.

Delphine Reist wurde 1970 in Sion (Schweiz) geboren, und lebt und arbeitet in Genf. Sie ist Preisträgerin des Swiss Art Award 2008 und des Prix de la Fondation Irène Reymond. Reist unterrichtete an der ENSBA de Lyon und lehrt derzeit an der HEAD in Genf.

Delphine Reist, Huiles (Detail), 2022

Delphine Reist, Huiles (Detail), 2022, Installationsansicht aus der Ausstellung VRAC MULTIVRAC, Frac Grand Large — Hauts-de-France, Dunkerque, Frankreich, 2022 © Delphine Reist, Foto: Aurélien Mole

Mit ihrer im letzten Jahr entstandenen Installation Huiles befragt Reist die Basis all unseres Schaffens und ökonomischen Strebens. Zahlreiche rote Ölfässer stehen stramm in Reih und Glied. Dicht sind sie jedoch nicht. Tropfen für Tropfen ziehen sich Rinnsale von Kraftstoff, Motor- und Pflanzenöl über die weisse Wand.

 

Kuratorin der Ausstellung: Dr. Sandra Beate Reimann


Ausstellung in Kooperation mit dem Centre culturel suisse. On tour und dem Frac Grand Large — Hauts-de-France