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Zwar war Jean Tinguely bereits 1957 an der Biennale voor Beelhouwdkunst vertreten, doch relevant für seine Karriere war die Ausstellung Vision in Motion - Motion in Vision im Hessenhuis, ein Ausstellungsort, der seit einem Jahr von der Künstlergruppe G58 (für Gruppe 58) bespielt wurde. Zu diesen jungen Künstlern gehörten unter anderem Jeff Verheyen, Walter Leblanc oder Paul Van Hoeydonck und viele weitere, die sich zu einem grossen Teil von der Akademie kannten und sich einer neuen Kunst verschrieben hatten – viele von ihnen fühlten sich Zero oder verwandten Gruppen verbunden, während ebenso viele in einem eher lyrisch- oder geometrisch-abstrakten Stil arbeiteten. Das Hessenhuis bot mit seinen 1300 Quadratmetern ausreichend Platz – allerdings befand sich das «center for contemporary artistic expression» in einem Dachgeschoss mit offenliegenden Balken – was die jungen Künstler*innen allerdings für ihre Ausstellungen zu nutzen wussten. Neben Gruppen- und Einzelausstellungen flämischer Kunst fanden zwischen 1959 und 1962 Ausstellungen mit avantgardistischer Kunst aus ganz Europa statt.

In einer Gaststätte: teilnehmende Künstler der Ausstellung «Vision in Motion – Motion in Vision» im Hessenhuis. © bpk / Charles Wilp

In einer Gaststätte: teilnehmende Künstler der Ausstellung «Vision in Motion – Motion in Vision» im Hessenhuis.
© bpk / Charles Wilp

Vision in Motion – Motion in Vision wurde von mehreren Künstlern organisiert, darunter Paul Van Hoeydonck, Pol Bury, Jean Tinguely und Daniel Spoerri. Van Hoeydonck und Bury hatten ursprünglich eine Ausstellung zur Bewegung (De Beweging sollte sie heissen) geplant. Mit Tinguelys und Spoerris Einsatz veränderte sich das Konzept in Richtung einer offeneren Schau, in der auch performative Werke Platz hatten, und die zu einer ersten wichtigen Ausstellung eines sich neu formierenden künstlerischen Netzwerks wurde, mit Mack, Piene und Uecker aus Düsseldorf, Yves Klein und Jesùs Rafael Soto aus Paris, und mit Bruno Munari, Dieter Roth, Robert Breer und Emmett Williams, der mit Daniel Spoerri ein Autotheater schuf. Die Werke wurden im Dachstock des Hessenhuis frei in den Raum gehängt, was der Ausstellung ein ganz spezielles Gepräge verlieh. Diese Ausstellung wurde zu einer wichtigen Station für die meisten beteiligten Künstler – und auf jeden Fall war sie für Tinguely, der auch in der Planung und insbesondere der Auswahl der Beteiligten involviert war, zu einem Meilenstein in seiner Karriere.

Antwerpen blieb auch nach Vision in Motion für Tinguely eine relevante Destination, sowohl die Avantgarde-Galerie Wide White Space (in ihrem ersten Jahr, 1966) wie auch die Ad Libitum Galerie (1969) zeigten den Künstler in Gruppenausstellungen.

 

Bildnachweis: Jean Tinguely und ein kleines Mädchen in der Ausstellung Vision in Motion – Motion in Vision im Hessenhuis, 1959, Antwerpen © bpk / Charles Wilp