Midnight Zone, 2025
Als Architektur im Grenzbereich zwischen Land und Meer, galt der Leuchtturm historisch betrachtet sowohl als Zeichen drohender Gefahr, als auch als Versprechen auf einen sicheren Hafen. Dort wo das Land auf die Weiten des Ozeans trifft, kommen kompakte Stufenlinsen zum Einsatz, um Botschaften schweigend über grosse Entfernungen hinweg zu übertragen. Damit projiziert das Licht des Leuchtturms unsere Anwesenheit über Gewässer, die uns sowohl trennen als auch vereinen, die Landmassen unterteilen und sie gleichzeitig zu einem Ganzen zusammenfügen. Julian Charrière unterläuft diese Barriere mit Midnight Zone, indem er unserer Vorliebe, den Ozean als Oberfläche zu betrachten, mit einer Tiefenerkundung antwortet und eine Fresnel-Linse 1000 Meter tief in der Clarion Clipperton Zone versenkte.
An die Oberfläche zurückgekehrt, wird ebendiese Linse zum Teil der gleichnamigen Installation. Die im Museum aufgehängte Leuchte wirft einen sich drehenden Lichtstrahl an die mit reflektierender Folie verkleideten Wände, die den Strahl brechen und unendlich erweitern. In einem feinen Dunst liegend, erinnert sie an das gespenstische Glühen eines Leuchtturms, der den über dem Meer liegenden Nebel durchbricht, doch die verspiegelte Konstruktion widersetzt sich der Stille. Die mal harmonisch, mal chaotisch wirkenden Störgeräusche haben sowohl auf das Leuchten als auch auf die Drehung der Leuchtturmlinse Einfluss: Ausgelöst durch eine Komposition, die aus Aufnahmen menschengemachter Klangverschmutzung der Tiefsee besteht, vibrieren die reflektierenden Wände. Das niederfrequente Summen von Containerschiffen, die seismischen Explosionen von Luftdruckkanonen für die Suche nach fossilen Brennstoffen, das knirschende Echo von Mineralabbau auf dem Meeresgrund, Sonarimpulse und das industrielle Brummen von küstennahen Windparks – alles Geräusche, die das Ökosystem des Meeres stören – werden in physische Vibrationen übertragen. So wie der Lärm die Lebewesen der Tiefsee desorientiert, die für ihre Navigation und ihr Überleben auf Klang angewiesen sind, verwirren die Vibrationen der Installation und spiegeln die für uns unsichtbare Unruhe unter der Meeresoberfläche wider.
Indem Midnight Zone dem nicht Wahrnehmbaren Sichtbarkeit verleiht, lässt es Besucher:innen in die fragile Klangwelt der Tiefsee eintauchen. Es übersetzt Töne in Bild, Lärm in Licht und erschafft so eine Parallele zwischen Störmoment und Spiegelung. Die Installation verwandelt den Ausstellungsraum in einen Raum der Kontemplation und bringt uns dazu, über unseren Einfluss auf die verborgenen Bereiche des Ozeans nachzudenken – Welten, die wir kaum je zu Gesicht bekommen und doch unwiderruflich formen.
Credits
Composition: Victor Mazón Gardoqui
Audio Visual System Engineering: Victor Mazón Gardoqui
Architecture & Design: Bryce Edwards
Underwater Lighting Development & Engineering: Christophe Leclercq
Fresnel Lamp Design & Fabrication: Dan Spinella
Fresnel Lamp Casing Supervision: Jacob Sixl (Heinz Fritz GmbH)