Towards No Earthly Pole, 2019

4K video, 32:10 aspect ratio, 14.2 ambisonic soundscape, 104:30 min., continuous video loop

Gletscherlandschaften haben nie zuvor eine so starke visuelle Präsenz in der Populärkultur erlebt, wo sie als prominente Symbole für die vom Menschen verursachte Erderwärmung dienen. Obwohl nur wenige Menschen diese abgelegenen Orte je besucht haben, sind die Gletschergebiete in der kollektiven Vorstellung sehr stark als letztes Bollwerk und schmelzendes Ideal einer fantasierten Realität verankert. Towards No Earthly Pole wurde 2017 konzipiert, als Julian Charrière im Rahmen der ersten Antarctic Biennale an Bord eines russischen Forschungsschiffs eingeladen wurde und miterlebte, wie Eisberge nachts völlig überraschend auftauchten. Der Film spielt mit der Rekonstruktion von Landschaften. Er hinterfragt, wie sich Bilder, fragmenthaft und driftenden Eisschollen ähnelnd, zu Terrains zusammensetzen, auf die wir nie gestossen wären, die jedoch trotzdem unsere Erinnerung prägen. Aus Bildmaterial zusammengesetzt, das aus unterschiedlichen Kryosphären stammt – alpine Gletscher, isländische Eisfelder, die grönländische Eisdecke und die treibenden Eisberge des Arktischen Ozeans –, fliessen entfernte Orte zu einer einzigen, verbundenen Geografie zusammen. Die daraus entstehende Topografie, weder real noch völlig imaginiert, ist eher einer Traumwelt zuzuordnen als dem Bereich der Kartografie. Entfernungen lösen sich auf, Grenzen verschwimmen und die Landschaften werden zu Projektionen – Ablagerungen aus unzähligen vermittelten Bildern.

Das Videomaterial wurde mittels selbst entwickelter technischer Geräte in der Nacht aufgenommen. Ein von einer Drohne transportierter Scheinwerfer offenbart die massive Landschaft in Ausschnitten, wobei das Sichtfeld durch die tiefen Schatten des Eisbergs eingeschränkt wird, welche gleichzeitig die Dramatik verstärken. Unheimliche Geräusche von krachendem Eis und fliessendem Wasser erinnern uns daran, dass diese gefrorene Welt lebendig ist, atmet, sich bewegt und sich beständig weiterentwickelt. Zusammengenommen machen all diese Elemente auf eine jenseitige Präsenz aufmerksam. Sie verweisen auf ein Szenario, in dem sich das Gefühl für Massstäbe oder Wissensgrundlagen allmählich verliert. Damit zeigt sich, dass die eingeschränkte Erfahrung des Menschen in der westlichen Welt – und bisweilen ihr fehlerhaftes Bild der Polarregionen – sowohl verstärkt als auch herausgefordert wird.



Credits
Co-Director & Editor: Johannes Förster
Score: Robert Lippok
Spatial Sound Designer: Felix Deufel
Colorist: Jan Schöningh
Senior Compositing Artists: Tom Freeman, Neil Reynolds
Compositing Artists: André Roboredo, Christian Kaupert
Matchmovers: Matthias Schiemann, Dragan Ben David,
Karim Arnold Fuad
Post-Producer: Julian Brinkmann
Post-Production Assistant: Yasmin Balai
Post-Production Supervisor: Finn Jäger
Technician: Julian Link

Expedition
Drone Pilots: Per Jacob Blut, Matt Cianfrani, Anders Nerthelsen
Production & Lighting: Carl Kemper
Production Assistant: Till Egen
Photography: Serena Acksel, Philipp Lee Heidrich
Technical Engineering & Ground Control: Constantin Engelmann,
Roman Kolbert

Acknowledgments
The artist would also like to thank The Shifting Foundation.