Das Radio, wie es sich zu einer entscheidenden Kommunikationsform des 20. Jahrhunderts herausgebildet hat, durchläuft gegenwärtig Prozesse fundamentaler Reorganisation, die unter dem Schlagwort Digitalisierung zusammengefasst werden können. Unter dem eigentlich viel älteren Begriff der Radiophonie betrachtet, setzen diese Prozesse konzeptuelle Möglichkeiten frei, die weit über den einfachen Plan einer Ökonomisierung oder Beschleunigung von Produktions- und Sendeformen hinausgehen. In Praktiken des Sendens und Hörens mit und auf elektromagnetischen Wellen wird Sound – als in konventionellen Notationen nicht anschreibbarer Anteil des Klangs – zum konstitutiven Element von Komposition.
 

Übersicht Konferenzprogramm (PDF)
 

Die Konferenz «Radiophonic Cultures» geht von der Annahme aus, dass radiophone Kunst die Ränder des Musikalischen verhandelt. Unter dem Vorzeichen der Radiophonie verschieben sich erstens die Grenzen dessen, was als Musik und Klang gilt. Die Kulturtechnik der Radiophonie transformiert zweitens auch Techniken der Komposition, die nicht nur auf die Struktur des Musikalischen gerichtet sind, sondern zugleich auf Wirkungen des Räumlichen, wie es durch Studiotechniken und Sendestrukturen hergestellt wird. Daher fordert das Konzept Radiophonie drittens auch medientheoretische Überlegungen zur Erzeugung von Kollektiven, von Konnektivitäten und historisch spezifischen Subjektivitäten heraus.

 

In den Verhandlungen dieser Aspekte der Radiophonie erweist sich die Geschichte des Radios bis heute als eine der Produktionen von Zukunft in Experimenten, Entwürfen und Erfahrungen. Die Produktion von Zukunft – nicht nur des Radios – ist konkrete Arbeit. Nicht umsonst gibt es kein Pendant im Akustischen zu dem, was im Visuellen «Vision» heisst. Radio muss laufen, sonst ist es nicht.

 

Die interdisziplinäre Konferenz «Radiophonic Cultures» untersucht die Geschichte des Radios und seines Sounds als eine der Spannungen und Wechselwirkungen zwischen technischen, ästhetischen und politischen Dimensionen und lotet so Möglichkeiten eines künftigen Radios aus.

 

Die Konferenz wird veranstaltet vom SNF-Sinergia Forschungsprojekt «Radiophonic Cultures - Sonic Environments and Archives in Hybrid Media Systems» des Seminars für Medienwissenschaft und des Musikwissenschaftlichen Seminars an der Universität Basel, der FHNW Hochschule für Musik Basel und der Bauhaus-Universität Weimar in Kooperation mit dem Museum Tinguely.


Eingeladene Vortragende, Teilnehmer und Teilnehmerinnen:
Gilles Aubry, Angela de Benedictis, Andrea Bohlman, Camilla Bork, Simone Conforti, John Dack, Christina Dunbar-Hester, Frances Dyson, Tatiana Eichenberger, Andreas Feddersen, Ole Frahm, Marcus Gammel, Tobias Gerber, Nils Grosch, Maren Haffke, Wolfgang Hagen, Ute Holl, Christoph B. Keller, Julia Kursell, Cathy Lane, Colin Lang, Michaela Melián, Eva Meyer, Nobert Möslang, Jan Philip Müller, Eran Schaerf, Armin Schäfer, Matthias Schmidt, Berit Schuck, Bernhard Siegert, Nathalie Singer, Lieselotte Tännler, Julia Tieke, Valerio Tricoli, Antje Tumat.
 

>> Weitere Informationen: www.radiophonic-cultures.ch
 

>> Kontakt: conference@radiophonic-cultures.notexisting@nodomain.comch

 

AUSSTELLUNGSVORSCHAU Herbst 2018
«Radiophonic Spaces. Ein akustischer Parcours durch die Radiokunst»

Weiterhin ist aus dem Forschungsprojekt die Ausstellung «Radiophonic Spaces» der Professur Experimentelles Radio an der Bauhaus-Universität Weimar hervorgegangen. Das Projekt wird als ein akustischer Parcours der Radiokunst im Museum Tinguely in Basel (24.10.2018 – 27.1.2019), im Haus der Kulturen der Welt in Berlin (1.11. – 10.12.2018) und in der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität in Weimar (Juli-Sep. 2019) zu hören und zu sehen sein.