Pure Waste, 2021
Die Videoarbeit Pure Waste, die Julian Charrière während einer wissenschaftlichen Expedition zu einer Polkappe produzierte, dokumentiert eine grundlegende Umkehr, die den Vorgang des konventionellen Abbaus von Rohstoffen auf den Kopf stellt. Im Norden von Grönland angesiedelt, beginnt das Video mit atmosphärischen Aufnahmen der stillen Verlassenheit der Arktis – bis eine menschliche Hand auftaucht, die fünf Diamanten offenbart und diese schliesslich in eine Gletschermühle wirft.
Mit diesem Eingriff beabsichtigte Julian Charrière, die anthropogene Aneignung riesiger Massen natürlicher Rohstoffe symbolisch umzukehren. Dafür liess er Kohlendioxidmoleküle aus der Luft extrahieren und anschliessend in einer alchemistischen Umkehrung von Materie in Diamanten verwandeln. Der Prozess dafür wurde von einem Team aus Wissenschaftler:innen der ETH Zürich unter Leitung von Dr. Aldo Steinfeld, Professor am Department für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, entwickelt. Das gesammelte CO2 wurde durch den Atem von Menschen auf der ganzen Welt angereichert, der mithilfe von Ballons transportiert wurde – ein Akt, der durch die Politisierung des Atmens während der Covid-19-Pandemie besondere Brisanz gewann.
Indem die Luft in Diamanten verwandelt wurde, das härteste natürlich vorkommende Material, betont der Film deren eigentliche Nichtgreifbarkeit – mit diesem verwirrenden Materialitätswandel wird das Gewichtlose fest. Indem Charrière die Diamanten in die Gletschermühle warf, setzte er sich in Pure Waste aktiv mit der Polkappe auseinander und gab die Mineralien als eine Art Sühneopfer zurück. Die Gletscher, zwar entfernt, jedoch zutiefst vom menschlichen Handeln betroffen, werden zu Orakeln des 21. Jahrhunderts – sie brechen, schmelzen und fordern unsere Aufmerksamkeit. Der Akt dieser „reinen Verschwendung“ wird in Pure Waste zu einem Akt der Aussöhnung. Indem Charrière Gegenstände von höchstem Wert wegwirft, stellt er deren willkürlich festgelegten Preis in Frage. Darin drückt sich symbolisch die Hoffnung aus, dass wir eines Tages die zerstörerischen Zyklen beenden, die wir so leichtsinnig eröffnet haben.
Credits
Special thanks to:
Christiane Leister, the Leister Foundation, the scientists of the
Leister Scientific Expedition around North Greenland (2021),
Søren Thor Jørgensen, Nick Nielsen, and Morten Rasch.
ETH Zurich, Aldo Steinfeld and Philipp Haueter.
NeoCoat SA and Christophe Provent.
microbEnergy GmbH and Jonas Klückers.
And a special thank you to everyone who took a deep breath to
contribute to the collective effort that is Pure Waste.