Where Waters Meet, 2019

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Anticlockwise from the right

Archival pigment print on Hahnemühle Photo Rag Ultra Smooth paper

In seiner Fotoserie Where Waters Meet hat Charrière die geisterhaften Erscheinungen von nackten Apnoetaucher:innen eingefangen, die in die Tiefen der Unterwasserhöhlen in Mexiko vordringen, welche als Cenoten bekannt sind. Während die Körper der Taucher:innen die Chemokline durchdringen – eine schleierartige und mysteriös anmutende Schicht von Bodenwasser, das schwefelhaltige Bakterien enthält – scheinen sie sich sowohl in bildlicher als auch in metaphorischer Hinsicht aufzulösen. Sie sinken nicht nur in Richtung Meeresboden, sondern tauchen auch in ihre eigene Psyche ein, wobei sie in einen Zustand der Zusammengehörigkeit mit ihrem Umfeld eintreten, den Sigmund Freud als „ozeanisches Gefühl“ beschrieb – das Gefühl, mit der Gesamtheit der Welt verbunden zu sein und dieser anzugehören. Es handelt sich dabei um eine ursprüngliche Empfindung, die Freud zufolge womöglich die Grundlage der menschlichen Sehnsucht nach Transzendenz sein könnte. Ganz ähnlich beschwört auch das ikonografische Unterbewusstsein bei der Betrachtung von Where Waters Meet ein Meer metaphorischer Anspielungen herauf.

Die Serie bildet sowohl diesen metaphysischen Tauchgang als auch den körperlichen Abstieg der Taucher:innen ab. Diesen dient das Wasser nicht als Umgebung, sondern als Spiegel, der nur bis zu einem gewissen Grad reflektiert, ehe er absorbiert. Die Taucher:innen treffen auf der Wasseroberfläche zunächst auf sich selbst und ihren eigenen Blick, nur um diese Schicht dann zu durchbrechen und das vertraute Bild hinter sich zu lassen. Dann tauchen sie in einen Bereich ein, in dem allein die komprimierte Tiefe bleibt. Der Ozean wird damit nicht nur zu einem Hintergrund für das ozeanische Gefühl, sondern auch zur Verkörperung desselben – ein Raum, wo Selbst und Welt verschmelzen.

Durch die Abbildung der Chemokline trägt die Serie dazu bei, ein Bild des ozeanischen Systems zu zeichnen. Dieses ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend komplexer geworden, da solche „Welten innerhalb von Welten“ Teil erst kürzlich erfolgter Entdeckungen sind. Während wir das Meer immer besser verstehen, verändern sich in aller Stille auch Bereiche von der Evolutionstheorie bis hin zur Klimawissenschaft. Wenn Charrières Apnoetaucher:innen in diese zuvor als still erachtete (ungesehene und unbedachte) Sphäre gleiten, scheinen sie in einer Art von Tanz, in einem anmutigen Fall, gefangen zu sein. Von wo – und wohin?